Auf ein Wort mit PROF. Günther Fink

Prof. Günther Fink ist ausserordentlicher Professor für Epidemiologie und Haushaltsökonomie an der Universität Basel sowie Leiter der Forschungseinheit Haushaltsökonomie und Gesundheitssysteme am Swiss TPH. Seine Arbeit konzentriert sich auf die Entwicklung und Bewertung neuer und innovativer Ansätze zur Verbesserung der Gesundheitssysteme weltweit, mit besonderem Schwerpunkt auf der Gesundheit und Entwicklung von Kindern in Entwicklungsländern.

“Solange Impfungen aber nur beschränkten Schutz bieten, werden alle bisherigen Strategien wichtig bleiben. “

- Günther Fink

Günther Fink, Sie haben in Ländern wie Angola, Namibia, Uganda und Sambia umfangreiche Forschungsprojekte zur Malariabekämpfung durchgeführt. Können Sie die effektivsten Strategien oder Interventionen nennen, die in diesen Regionen erfolgreich waren und wie sie für andere malariagefährdete Gebiete repliziert oder angepasst werden könnten?

Grundsätzlich wird in allen Ländern die gleiche WHO Strategie verwendet, die im Wesentlichen vier Komponenten hat: Moskitonetze, das Besprayen von Wänden und Decken mit Insektiziden (indoor residual spraying -IRS), Chemoprophylaxe (vorbeugend Malaria-Medikamente einnehmen) in der Schwangerschaft (IPT-p) und klinisches Management von Malaria durch gezielten Einsatz von Malariatests und Malaria-Medikamenten. Dazu kommen in den meisten Ländern noch Programme, die versuchen, den Lebensraum der Mücken durch Beseitigung von Wasserpfützen ein wenig einzuschränken. Persönlich habe ich den Eindruck, dass Netze und die klinische Behandlung am wichtigsten sind: auch wenn die Insektizide auf den Netzen nicht mehr so gut wirken wie früher, bieten die Netze einfach Schutz während dem Schlaf, und verhindern so Infektionen. Die klinische Behandlung ist auch essentiell, weil mit einer schnellen Diagnose und mit wirksamen Medikamenten (artemisinin-based combination therapies) wirklich fast alle Patienten erfolgreich behandelt werden können. Bei dem Besprayen der Wände und Decken mit Insektiziden (IRS) und der Vorbeugung durch Malaria-Medikamente (IPTp) bin ich ein wenig skeptisch, weil viele Mücken auf die etablierten Insektizide nicht mehr reagieren, und die Wirksamkeit von Sulfadoxine/pyrimethamine, das in den meisten Ländern zur Vorbeugung mit Malaria-Medikamenten während der Schwangerschaft (IPTp) verwendet wird, nicht mehr so hoch ist - mit neueren Insektiziden oder einem neueren Medikament für Schwangere könnte das natürlich wieder sehr anders aussehen.


Ihre Arbeit zum Malaria-Reduktionsprogramm in Sambia beschäftigt sich mit den langfristigen Auswirkungen einer frühkindlichen Malariaerkrankung. Was waren die überraschendsten oder wichtigsten Ergebnisse dieser Studien und wie beeinflussen sie Interventionen für Kinder, die in Umgebungen mit hohem Malariarisiko aufwachsen?

Unsere Studie in Sambia sollte eigentlich zeigen, wie stark grosse nationale Malariaprogramme die Kinderentwicklung verbessern und langfristig zu besseren Schulergebnissen führen können. Leider gab es bei der Implementierung dieses Programms grosse Schwierigkeiten - unter anderem einen Korruptionsskandal im Gesundheitsministerium, der zu einer temporären Einstellung internationaler Hilfsmittle führte - weshalb es nach grossen Erfolgen in der Malariabekämpfung zwischen 2006 und 2008 in den Jahren 2009 und 2010 wieder sehr viel mehr Malaria in Sambia gab. In unserer Studie zeigen wir, dass ein solcher Rückfall auf nationaler Ebene relativ grosse negative Auswirkungen auf Kinder haben. Kinder, die in den ersten beiden Lebensjahren wenig Malariaexposition hatten, konnten keine partielle Immunität entwickeln, und waren dann im Alter von drei bis fünf sehr oft krank, was für ihre Entwicklung sehr schlecht war. Es ist schon klar, dass Malaria zu jeder Zeit "bad news" ist - aber ich war schon sehr überrascht, wie wichtig diese Effekte für drei bis fünf-jährige waren, insbesondere auch, weil sich ein Grossteil der wissenschaftlichen Literatur eher mit den "first 1000 days" zwischen Schwangerschaftsbeginn und dem 2. Geburtstag beschäftigt.


Was sind die wichtigsten Empfehlungen oder Erkenntnisse aus Ihrer Arbeit für NGOs und andere Organisationen, die sich mit Malariaprävention beschäftigen?

Ich würde zuerst einmal sagen, dass Malaria in vielen Ländern ein wirklich grosses Problem bleibt, und es wirklich wichtig ist, hier weiter internationale Mittel zu investieren. Wir haben zum Glück noch Medikamente, die noch fast überall funktionieren, brauchen aber dringend bessere Netze, bessere Insektizide und bessere Medikamente für die Chemoprophylaxe. Unsere Studie in Sambia zeigt auch, dass es wirklich wichtig ist, Programme nicht zu unterbrechen: auch wenn es politische Schwierigkeiten gibt, ist es sehr wichtig, Malariainterventionen aufrechtzuerhalten, insbesondere auch, weil ein temporärer Schutz for Malaria Bevölkerungen noch verwundbarer macht.

Im Oktober 2023 wurde die zweite Malariaimpfung von der WHO empfohlen. Wie sehen Sie diesen Fortschritt und wie wird sich Ihrer Meinung nach die Malariaprävention in den nächsten fünf Jahren verändern?

Ich sehe das sehr, sehr positiv. Die Impfungen, die wir im Moment haben, sind alles andere als perfekt. Dennoch werden sie aber auf jeden Fall viele Leben retten - wenn wir noch bessere Impfstoffe bekommen könnten, wäre das natürlich noch ein weiterer Schritt. Solange Impfungen aber nur beschränkten Schutz bieten, werden alle bisherigen Strategien wichtig bleiben.



November 2023